[Test]ALADDIN
Autor: LTC2. 5245 GelesenAGA
Vor einem Jahr räumte Disneys Zeichentrickfilm an den Kinokassen ab, kurz darauf setzte Virgin am Mega Drive die Maßstäbe, an denen sich nun jede Konvertierung messen lassen muß – kein Problem für diese zauberhafte AGA-Version! |
Da die Filmvorlage zu den bislang aufwendigsten Disney-Projekten gehört, wurden auch bei der Amiganisierung weder Kosten noch Mühen gescheut: Für das Gamedesign bzw. Coding zeichnen David Perry und John Twiddy verantwortlich, beides alte Hasen, in deren Vorstrafenregister u.a. der geniale Plattformpunkt "Cool Spot" verzeichnet ist. Und was die Grafik angeht, ließ sich ja nun kaum etwas Besseres finden als ein ganzes Heer von Disney-Zeichnern...
Es wurden also jede Figur und jedes Szenario des Originals gewissermaßen Frame für Frame in Bits & Bytes umgewandelt – was derart sagenhafte Animationen mit sich bringt, daß im direkten Vergleich selbst ein "Prince of Persia" eher fußkrank über den Screen torkelt. Keine Frage, wenn hier Angreifer versehentlich auf glühenden Kohlen landen und sich dann die schmerzenden Zehen halten oder nach einem gezielten Säbelhieb plötzlich ohne Gürtel und damit in Unterhosen dastehen, um Aladdin dennoch verschmitzt lächelnd zu einem Duell herauszufordern, dann kommt das einem interaktiven Film schon sehr, sehr nahe!
Die Handlung orientiert sich naturgemäß stark an den Geschehnissen im Kinotopp, der Spieler findet sich also in dem exotischen Städtchen Agrabah wieder, wo gerade die dunklen Wolken der Intrige aufziehen: Der fiese Großwesir Dschafar will die bedauernswerte Prinzessin Jasmin zwingen, ihn zu heiraten, wobei es dem Widerling letztlich bloß darum geht, endlich selbst Sultan zu werden. Freilich hat er die Rechnung ohne den Straßenjungen Aladdin gemacht, der ebenfalls eine Auge auf das hübsche Königskind geworfen hat. Bis er mehr bei ihr riskieren kann, muß er allerdings ein abenteuerliches Kontingent an Levels überstehen, denn das Happy-End kriegt man auch im Orient nicht geschenkt. Also hüpft Jung Ali durch Städte, Kerker, Wüsten und Paläste ohne Zahl, segelt auf einem fliegenden Teppich durch feurige Lavahöhlen, erkundet das Innere seiner Wunderlampe und begegnet dabei natürlich überall den ortsüßlichen Gefahren: Grimmige Palastwachen fuchteln mit dem Schlagstock herum, Frauen werfen ihre schönen Vasen erbost auf die Straße, Plattformen bröckeln ab, magische Seile verlieren kurz vor dem Ziel an Standhaftigkeit, und und und.
Den Widrigkeiten des Heldenlebens begegnet man durch schnelle Reaktion, ein geschicktes Händchen am Krummsäbel oder Wurfübungen mit dem begrenzten Apfelvorrat. Vitaminfans dürfen und sollen sich ruhig an dem ausgebreiteten Fallobst vergreifen, aber auch mit Diamanten läßt sich der Sammeltrieb stillen – denn wer die Klunker anschließend in den Orientshop schleppt, handelt sich dort die anders nicht erhältlichen Extraleben und Continues ein! Ein weiteres Sammelsymbol ebnet den Weg zu den beiden Bonusgames, wo einmal ein Groschengrab (mit viel Glück und dem richtigen Timing) die gerade erwähnten Goodies ausspuckt und man zum anderen in der Rolle des Äffchens Abu fallenden Vasen ausweichen bzw. die dazwischen schwebenden Extras einsacken muß.
An Abwechslung mangelt es dem Spiel aber auch ohne diese Sondereinlagen ncht, denn da warten einige Hochgeschwindigkeits- und Autoscroll-Abschnitte ebenso wie kleine Grübeleinlagen der Marke „Wo bin ich eigentlich?“. Für den auch längerfristigen Spaß an der Freud sorgen dabei das jederzeit durchdachte Gameplay und ein vernünftig dosierten Schwierigkeitsgrad, der keine unfairen Stellen, dafür aber jede Menge Rücksetzpunkte (markiert durch den markigen Flaschengeist, der sonst leider nur in den Zwischensequenzen auftaucht) für jüngst Verblichene kennt. Ehrlich, gegen jede Attacke der Gegner findet sich hier mit etwas Übung eine passende Antwort, die keinen Verlust der ohnehin reichlich vorhandenen Lebensenergie zur Folge hat. Daß ein so liebevoll ausgearbeitetes Game auch technisch überzeugen kann, dürfte niemand wundern. Okay, das Parallax-Scrolling ruckelt ganzt dezent, aber wen stört das schon, wenn er im Gegenzug detailreich ausgeführte Orient-Szenarien in bester Disney-Qualität, irre Animationen und brüllend komische Grafikgags zu Gesicht bekommt? Einschränkend sei lediglich bemerkt, daß die direkt von Mega Drive konvertierte Optik mit entsprechender Ausnutzung des AGA-Chipsatzes sicher noch etwas bunter hinzukriegen gewesen wäre. Auf die Ohren gibt es toll arrangierte Variationen aus dem Film-Soundtrack, vermischt mit ein paar Fetzen Sprachausgabe und den passenden Sound-FX. Und bei der formidablen Handhabung wird sogar zwischen Sticks und Pads unterschieden, wobei für letztere noch mal zwei verschiedene Steuerungsvarianten im Angebot sind. Die Nachladezeiten von der Floppy sind erfreulich kurz, eine Installation auf Festplatte hat man allerdings leider nicht vorgesehen. Und weil gerade die schlechten Nachrichten an der Reihe sind, hier gleich noch eine: Betrüblicherweise sind momentan keinerlei Konvertierungen für Standard-Amigas oder das CD32 geplant, was gerade bezüglich einer CD-Version schade ist – könnte man dabei doch die oscargekrönten Original-Filmmusiken mit auf die Scheibe packen. Aber was soll eigentlich das kleinliche Gemäkel? Immerhin hat uns Virgin mit diesem Meilenstein eine der gelungensten Filmumsetzungen in der ruhmreichen Geschichte des Amigas beschert: Alladin macht Plattform-Märchen wahr! (rl) Amiga Joker, Dezember 1994 |
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Kategorie: Spiele Tests
Tags: Keine
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